Ein Kommentar von Prof. Mag Friedrich Neuberger
Nach Jahren endloser und fruchtloser Debatten um die Herbstferien, hat nun Bildungsminister Fassmann beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen: Nach dem Lamento um die uneinheitliche Regelung der schulautonomen Tage und die damit verbundene Problematik der Betreuung schulpflichtiger Kinder, werden ab dem Schuljahr 2020/21 für alle Bundesländer verbindlich im Zeitraum vom 26.Oktober bis zum 2. November die Herbstferien eingeführt. Je nachdem wie die Feiertage liegen, werden für diese zwei bis drei schulautonome Tage und die bisher freien Dienstage nach Ostern und Pfingsten herangezogen.
Der Gewerkschafter Paul Kimberger kann laut seinen Aussagen damit leben, doch kommt ihm offenbar die Einführung der Herbstferien etwas zu schnell, er rät der Regierung vor einer verbindlichen Einführung wissenschaftliche Daten zu sammeln und Studien durchzuführen. An manchen Schulstandorten sind im Schuljahr 2018/19 bereits „probeweise“ Herbstferien eingeführt worden und gewisse Schlüsse lassen sich daraus ziehen. Doch Bildungsminister Fassmann hat abgewunken und eine „zeitnahe“ Entscheidung getroffen, was angesichts der Problematik und jahrelangem Hickhack opportun erscheint.
Der Gewerkschafter Kimberger wird wohl seine Gründe für sein zögerliches Verhalten gehabt haben, denn er hat wohl die Debatten vorausgesehen, die nun im Hinblick auf die Einführung der Herbstferien geführt werden.
Die SPÖ hat jedenfalls dieser Regelung schnell zugestimmt, aber nur unter der Voraussetzung, dass flächendeckend die Ferienbetreuung für Schüler und Schülerinnen massiv ausgebaut wird. Wer die Schüler, egal in welchen Ferien, betreuen soll, liegt wohl klar auf der Hand: die Lehrer. Die NEOS schlagen in dieselbe Kerbe, verlangen gar eine deutliche Reduktion der Sommerferien. Im Dunstkreis dieser beiden Parteien wird wohl auch die Idee geboren sein, dass es keine Herbstferien im herkömmlichen Sinne für die Lehrer geben darf, denn diese sollen in den schulfreien Tagen Fortbildungsseminare besuchen. Dass Lehrer auch Eltern schulpflichtiger Kinder sein könnten und eben auch schulpflichtige Kinder zu betreuen haben, auf diese Idee kommt man im Eifer, sich in der Öffentlichkeit gegenüber den Lehrern als skeptisch und kritisch im Hinblick auf deren Arbeit darzustellen, nicht. In einer Gesellschaft, in der die Berufsgruppe der Lehrer großteils ohnehin geringgeschätzt wird und Lehrer als Minderleister angesehen werden, Politik und Medien haben diese Botschaft jahrelang marktschreierisch dem Volk verkündet, wird die Idee von der Ferialbetreuung bzw. Lehrer bilden sich in den Herbstferien fort, auf fruchtbaren Boden fallen. Dass man in den letzten Jahrzehnten diese Berufsgruppe im Hinblick auf gesellschaftliche Probleme (Migration, Integration, Kriminalität, Digitalisierung und deren Folgen etc.) mehr oder minder im Stich gelassen hat, ist ja keine Überlegung wert.
Wie zu erwarten, ist die Kritik der direkt Betroffenen an der Einführung dieser Ferien nicht ausgeblieben, denn zu unterschiedlich liegen die Interessen von Schülern, von Eltern sowie Lehrern.
Von Seiten der Schülervertretung werden die Herbstferien als Erholungsphase
begrüßt, über eine Terminkollision bzw. Unterbrechung eines Lernprozesses vor den Weihnachtsferien, wie von einem Teil der Lehrerschaft befürchtet, macht man sich kaum Gedanken. Letztlich möchte man aber die freien Dienstage nach Ostern und Pfingsten, laut Timo Steyer von der ÖVP nahen Schülerunion, beibehalten.
Was die Änderung der freien Dienstage nach Ostern und Pfingsten anbelangt, so zeigt sich die Wirtschaft (Tourismus) in Person von Sigi Moehrich, WKÖ Hotellerie-Obmann Stellvertreter, besorgt darüber, dass die schulfreien Dienstage nach Ostern und Pfingsten abgeschafft werden sollen, da diese als buchungsstarke Tage bilanziert werden; die Einführung der Herbstferien wird aber generell begrüßt.
Was die Eltern anbelangt, so ist kein Konsens gegeben. So meint etwa der Chef der Wiener Elternvereine, Karl Dwulit, dass dies eine „Katastrophe“ sei, wenn Eltern für die Dauer der Herbstferien nicht frei bekommen würden.
Die Vorsitzende des österreichischen Verbandes der Elternvereine an öffentlichen Schulen, Evelyn Kometter, lehnt die Herbstferien generell ab, wenn nicht eine qualifizierte und kostenlose Betreuung der Schüler gegeben sei. Nur Wiens Chefin des Elternvorstandes mittlerer und höherer Schulen, Elisabeth Rosenberger, meint, dass Fassmanns klare Vorgabe für die Herbstferien den Eltern, Lehrern und Schülern die Planung der freien Herbsttage erleichtere.
Wie man aus diesen Überlegungen erkennen kann, sind die Herbstferien vor allem ein Thema für Eltern schulpflichtiger Kinder, denn diese müssen beaufsichtigt werden. Wobei bisher die Beaufsichtigung von Kindern in den Ferien bisher immer eine Angelegenheit der Eltern war. Aber es ist zunehmend feststellbar, dass Eltern die Verantwortung im Hinblick auf Erziehung und Aufsicht ihrer Kinder immer mehr an die Schule delegieren wollen und dies bereits auch tun, da ihnen mehr oder minder von der Öffentlichkeit suggeriert wird, die Schule sei für alle Probleme im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen zuständig.
Geht es nach der SPÖ, so wird diese Haltung noch durch den Ausbau der Ganztagsschule, verbunden mit der Forderung nach der Gesamtschule, der Nachmittagsbetreuung und der geforderten massiven Ferienbetreuung unterstützt. Das Schulsystem der ehemaligen kommunistischen DDR wird aufgrund solcher Vorstellungen neu geboren. Ob das der SPÖ auch bewusst ist?
Die Chance, dass im Rahmen von ein paar Tagen Eltern mit Kindern gemeinsam etwas unternehmen könnten, vielleicht dadurch wieder mehr zueinander finden und Familie als solche erleben, wird nicht gesehen. Es geht vordergündig nur um die Aufsicht der Kinder: typisch für eine nicht gerade kinderfreundliche Gesellschaft.
Ihren Anteil an dieser Entwicklung hat auch die Wirtschaft, die verstärkt Druck auf Arbeitnehmer ausübend, alles andere als familienfreundlich agiert und letztlich aus den Herbstferien, siehe Tourismusbranche, wieder ihren Profit schlagen will.
Wie sehen die Lehrer die Einführung der Herbstferien? Hier herrscht geteilte Meinung. Die Skeptiker warnen davor, dass aufgrund der Festlegung des Ferientermins eine Terminkollision (Schularbeiten, Tests) entsteht und dadurch bedingt, der Schulstress zunehmen könnte. Dass es Schüler gibt, die vielleicht diese Ferien als Lernferien für Schularbeiten bzw. Tests nutzen könnten, auf diese Idee kommt man nicht, was aber aufgrund der Leistungsbereitschaft vieler Schüler mitunter verständlich ist.
Manche Lehrer meinen auch, dass mit der Einführung der Herbstferien der Lernprozess in der Zeit vor Weihnachten unterbrochen werde und gerade diese Zeit im Hinblick auf die Erfüllung des Lehrplans besonders wichtig sei. Aber auch im Hinblick auf diese Problematik naht die rettende Idee: Man könnte doch die Sommerferien um eine Woche kürzen und somit die Lernphase vor Weihnachten verlängern, wobei man die schulautonomen Tage, die man natürlich einheitlich regeln müsste, belassen könnte.
Die Regierung hat im Hinblick auf die Herbstferien ein Machtwort gesprochen und das ist angesichts der bisherigen Problematik gut so. Wenn sie sich dabei
aber der Illusion hingegen haben sollte, ein lang anstehendes Problem endgültig gelöst zu haben, so wird sie enttäuscht werden. Die SPÖ, die in ihrer Regierungszeit keinen Finger gerührt hat, eine Entscheidung in punkto einheitlicher Einteilung der schulautonomen Tage zu treffen, wird für ihre schul- und gesellschaftspolitischen Ambitionen das Thema Herbstferien weiterhin am Köcheln halten, und zwar gegen die berechtigten Einwände von Menschen, die den schulischen bzw. sozialutopischen Plänen dieser Partei nichts abgewinnen können.